Judith Kohlenberger erhält Förderungspreis der Stadt Wien

Die Stadt Wien hat die Träger der mit je 4.000 Euro dotierten Förderungspreise für 2021 bekanntgegeben. In der Sparte Geistes-, Kultur-, Sozial- und Rechtswissenschaften wurde Migrationsforscherin und K&S übermorgen Autorin Judith Kohlenberger (“Wir”) ausgezeichnet.

Wir gratulieren unserer Autorin von Herzen!

 

Mehr Informationen zum Preis und den Preisträger*innen finden Sie hier.

Autorin im Interview: Jessica Lind

Was war der Impuls für deinen Roman?
Als Leserin mag ich es, mich auf unsicheres Terrain zu begeben. Wenn etwas Unerwartetes, Unheimliches in die vermeintliche Realität einbricht. Der Moment, wenn die Schwangere das Kind auf der Lichtung findet, war als Erstes da. Davon ausgehend habe ich die Geschichte entwickelt.

Was interessiert dich am Thema Mutterschaft?
Ursprünglich war es ein körperliches Interesse. Wie verändert sich der Körper einer Frau während der Schwangerschaft? Dass etwas in einem wächst, das sich der eigenen Kontrolle entzieht, hat etwas sehr Unheimliches. Fast schon eine Art Body-Horror. Das war der Ausgangspunkt. In der Auseinandersetzung mit dem Thema ist für mich dann die gesellschaftliche Komponente immer wichtiger geworden. Der Druck, als Mutter und Frau Erwartungshaltungen gerecht zu werden, erscheint mir sehr groß. Jetzt spielt mein Roman ausschließlich im Wald. Es ist also nicht leicht, dieses Außen mitzuerzählen. Ich habe mich dazu entschieden, die Gesellschaft in meine Hauptfigur einzuschreiben, schließlich sind wir alle ein Produkt unseres Umfelds und am schlimmsten sind die Stimmen in unseren eigenen Köpfen. Um diese vielen unterschiedlichen Stimmen abzubilden, ändert sich Amiras Haltung zur Mutterschaft in jedem Teil und jeweils eine andere Angst rückt in den Fokus.

Woher kommt die Faszination für den Wald? Was macht ihn so besonders als Schauplatz?
Ich bin in einem Dorf am Land aufgewachsen. Der Wald war nie weit. Er war unser Spielplatz, der Ort für Mutproben. Mich fasziniert, dass ich mich noch immer gleichzeitig aufgehoben und bedroht fühle, wenn ich im Wald bin.

Wie entwickelst du deine Figuren?
Im russischen Theater gibt es eine Schauspieltechnik, die von Wsewolod Meyerhold entwickelt wurde. Anders als beim Method Acting, wo man sich an eigene Erfahrungen erinnert und so über das Ich in die Figur findet, gibt es bei der Meyerhold-Methode bestimmte Bewegungsabläufe, die man vollführt, um so über das Außen ins Innen, zur Emotion zu gelangen. Aus der Versuchsanordnung: Mutter – Vater – Kind im Wald habe ich die Figuren entwickelt. Dabei stand ihre Funktion mehr im Vordergrund als ihre Biographie. Sie sind Archetypen. Wir erfahren sehr wenig über das Leben der Figuren außerhalb des Waldes. Es gibt auch kaum Beschreibungen über ihr Aussehen. Sie offenbaren sich vielmehr über ihre Handlungen, die nicht durch ihre Biographie motiviert sind, sondern situativ aus ihrem Archetypus entstehen. Ich befürchte, das klingt jetzt in der Theorie schrecklich mechanisch, ist es aber in der Praxis überhaupt nicht. Diese Herangehensweise hat es mir ermöglicht, mit den Figuren immer sehr im Moment, in der konkreten Situation zu bleiben, weil es ja kaum Referenzen auf die Welt außerhalb des Waldes gibt. So können die Figuren immer sehr unmittelbar handeln. Und es entsteht eine ähnliche Energie wie im Meyerhold’schen Theater.

Du bist ja während der Entstehungsphase deines Buchs selbst Mutter geworden. Inwiefern hat das dein Schreiben beeinflusst?
Sagen wir mal so, die Arbeit an dem Buch hat zur richtigen Zeit in meinem Leben stattgefunden. Ich habe damit angefangen, als ich noch kein Kind hatte und auch nicht geplant habe, bald schwanger zu werden. Dadurch konnte ich meine Vorstellung davon, Mutter zu werden, ohne den Ballast eigener Erfahrungen imaginieren. Gerade im ersten Teil geht es ja auch stark um die Erwartung, dass man es selbst ganz anders machen wird als der Rest der Welt. In dieser Zeit habe ich die Dramaturgie der Erzählung entwickelt und eine erste Fassung geschrieben, der es aber an Lebendigkeit gefehlt hat. Die „Recherche“, ein Kind zu bekommen, hat den Roman um einiges sinnlicher und auch dringlicher für mich werden lassen.

Hattest du Schreibkrisen? Falls ja, wie hast du sie gemeistert?
Beim Schreiben bin ich eigentlich relativ diszipliniert. Solange ich eine Deadline habe, kann ich relativ gut arbeiten. Ich habe aber lange nach den richtigen Verbündeten für diesen Roman gesucht und bin da durch einige Krisen geschlittert. Mir bedeutet die Geschichte viel und trotz einiger Rückschläge konnte ich sie über viele Jahre nicht loslassen. Ich glaube, sie ist von ihrer Dramaturgie her sehr speziell und lässt sich nicht leicht in eine Schublade stecken. Aber genau so etwas begeistert mich beim Lesen. Bei Kremayr & Scheriau habe ich das Gefühl, einen Verlag gefunden zu haben, der genau das ebenso toll daran findet wie ich.

Wie unterscheidet sich das Romanschreiben vom Drehbuchschreiben?
Sowohl bei Drehbuch als auch bei Prosa entwickle ich Figuren, beschäftige mich mit dem Thema, entwickle einen Handlungsbogen. Aber Drehbücher sind Vorstufen zu Filmen. Insofern sind sie Gebrauchstexte, die rein formal so geschrieben werden müssen, dass sie verstanden werden. Oberbeleuchter*innen haben wenig Interesse daran, ellenlange Beschreibungen zu lesen. Jedes Filmdepartment arbeitet mit dem Text. Sich auf das Wesentliche zu beschränken und trotzdem eine Stimmung zu erzeugen, ist eine Herausforderung und eine gute Schule. Aber es macht nicht viel Spaß, Drehbücher zu lesen. Drehbücher beschreiben ausschließlich Bilder, die dann durch die konkrete Auswahl von Schauspieler*innen, Farben, Musik, Kameraperspektive, Schnitt, und, und, und zum Leben erweckt werden. In der Literatur ist es die Wahl der Worte, die diesen Vorgang im Kopf der Leser*innen in Gang setzt. Es gibt mehr Platz für Leerstellen im Oberflächlichen, dafür kann man in die Gedanken der Figuren eintauchen. Jedes Medium hat seine besonderen Herausforderungen. Mir macht es sehr viel Spaß, in beiden Formen zu arbeiten und die Arbeit befruchtet sich gegenseitig. Ich mag kurze Sätze und einprägsame, klare Bilder.

Vielen Dank für das Interview!

Simone Hirth erhält den Reinhard-Priessnitz-Preis 2021

Der Reinhard-Priessnitz-Preis wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport finanziert und seit 1994 jährlich an Autor*innen vergeben, die in deutscher Sprache schreiben. Dieses Jahr wird der mit 4.000 Euro dotierte Preis an Simone Hirth verliehen.

Die Preisverleihung findet am Mittwoch, den 27. Oktober 2021, um 19.00 Uhr im Literaturhaus Wien statt.

 

Begründung der Jury:

“In derselben Weise, wie in Simone Hirths Roman Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft eine junge Frau, die alles verloren hat, sich mit Zivilisationsmüll und gestohlenen Konsumgütern eine neue Lebenswelt zusammenbastelt, montiert die Autorin verschiedene Sprachhaltungen und Textsorten, Einkaufslisten, Elternverordnungen, Briefe, Gebete und Zitate, etwa aus dem Handbuch für Betriebswirtschaften. Simone Hirths Romane ergeben ein vielgestaltiges, originelles Porträt einer zerbrochenen Welt, in der spannend mit sprachlichem Formenreichtum und mit viel Witz überraschende, ungewöhnliche Zustände und Lebenshaltungen erprobt und erfunden werden.”

 

Weitere Informationen zum Preis finden Sie hier.

Romina Pleschko ist für den Franz-Tumler Preis nominiert

Wir gratulieren Romina Pleschko zur Nominierung durch Gerhard Ruiss!

 

Die weiteren Nominierten sind:

– “Schnittbilder” von ANNA FELNHOFER Luftschacht Verlag (Nominiert von Jurorin Daniela Strigl)
– “Ein Spalt Luft” von MISCHA MANGEL Suhrkamp Verlag (Nominiert von Juror Manfred Papst)
– “Der Himmel vor hundert Jahren” von YULIA MARFUTOVA Rowohlt Verlag (Nominiert von Jurorin Jutta Person)
– “Ministerium der Träume” von HENGAMEH YAGHOOBIFARAH Aufbau Verlag (Nominiert von Jurorin Tanja Raich)

Der Franz-Tumler-Literaturpreis wird alle zwei Jahre vergeben, und zwar an einen von einer fünfköpfigen Jury ausgewählten deutschen Debütroman (Erstroman)Es handelt sich um einen Auswahlpreis, somit können keine Einsendungen vorgenommen werden. Der Preis trägt den Namen Franz Tumlers (1912-1998), eines bedeutenden Romanschriftstellers, und wird in Laas ausgetragen, weil Laas aufgrund der Herkunft von Tumlers Familie eine tiefe Beziehung zu Franz Tumler aufgebaut hat. Tumler hat seine Tante und ihre Familie gerne in Laas besucht und ein Jahr bei ihnen verbracht. Dadurch konnte er das Dorfleben gut beobachten und beschreiben. Laas will mit diesem Literaturpreis an das literarische Werk des Schriftstellers Tumler erinnern. Vor dem Hintergrund der kritischen Auseinandersetzung mit Leben und Werk Tumlers wird in Laas mit einem Preis in der Höhe von 8000 Euro junge Literatur nachhaltig gefördert, so wie es Franz Tumler selbst zeit seines Lebens, aber vor allem in Berlin, gewollt und getan hat.

Teil des Preises ist ein Aufenthalt in Laas, dieser soll dem Sieger/der Siegerin des Franz-Tumler-Literaturpreises die Möglichkeit bieten, Kultur und Landschaft des Vinschgaus nicht zuletzt auch über die Texte Tumlers besser kennen zu lernen. In Begegnungen mit interessierten Leser/innen sowie mit jungen Menschen kann der Preisträger/die Preisträgerin das eigene literarische Werk vorstellen und nahe zu bringen.

Im Rahmen des Franz-Tumler-Literaturpreises wird außerdem ein Publikumspreis vergeben, dabei bestimmen die Leserinnen und Leser der Südtiroler Bibliotheken ihren Favoriten unter den Nominierungen. Auch das Saalpublikum, das bei den Lesungen anwesend ist, kann mitstimmen. Der Publikumspreis umfasst einen dreiwöchigen Schreibaufenthalt in der Künstlerwohnung auf dem Rimpfhof und Lesungen im Vinschgau.

 

Zur Website des Preises geht es hier!

Gertraud Klemm erhält den Ernst-Toller Preis 2021

Die Ernst-Toller-Gesellschaft e.V. mit Sitz in Neuburg an der Donau verleiht den Ernst-Toller-Preis 2021, im 25. Jahr ihres Bestehens, an die österreichische Schriftstellerin Gertraud Klemm. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird am 25. September 2021 im Stadttheater Neuburg an der Donau verliehen.

Begründung der Jury:
„Mit Gertraud Klemm ehrt die Ernst-Toller-Gesellschaft ein literarisches Werk, welches in ironisch-kritischer Weise Strukturen der Macht kritisch hinterfragt. Seit ihren schriftstellerischen Anfängen beschäftigt sich die Autorin mit der feministischen Analyse bürgerlicher Frauenrollen, sie rückt Sexismus, Mutterschaft und Adoption ebenso ins Zentrum ihrer Texte wie das Altern, die neoliberale Erfolgs- und Wertegesellschaft sowie Religion. In ihrem ‚rebellischen Gesellschaftsroman‘ (Mia Eidlhuber, Der Standard) Hippocampus aus dem Jahr 2019 zeigt Gertraud Klemm anhand des Kunst- und Literaturbetriebs die patriarchalen Strukturen und zermürbenden Mechanismen auf, die unsere Gesellschaft bestimmen und fordert damit auch zur Reflexion der Erinnerungskultur auf. Dieser Einladung kommt die Ernst-Toller-Gesellschaft gerade im 25. Jahr ihres Bestehens gerne nach. Mit Toller verbindet Gertraud Klemm der Wille zum Protest sowie die Fähigkeit, auch dort unnachlässig Kritik zu üben, wo kurzfristig kaum Applaus zu erwarten ist.“

„Symbole allein, das weiß sie schon, funktionieren nicht als Protest, denn Symbole tun niemandem weh; und wenn es nicht wehtut, berührt es nicht, und wenn es nicht berührt, kann man es gleich bleiben lassen.“ (Gertraud Klemm, Hippocampus)

 

Weitere Informationen zum Preis finden Sie auf der Website der ETG: https://www.ernst-toller.de/der-preis/.

Zwei K&S-Autor*innen bei W.I.R. – Wiener Integrationsrat

„W.I.R. – der Wiener Integrationsrat“ ist ein Gremium bestehend aus 10 Expertinnen und Experten aus den Fachbereichen Integration und Migration. Initiiert von Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr treten sie regelmäßig zu zentralen Fragestellungen betreffend der Integrations- und Diversitätspolitik in einen Diskurs mit der Stadt. Am 21. Mai, dem „Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung“, stellte sich das Gremium gemeinsam mit Vizebürgermeister Wiederkehr öffentlich vor und präsentierte das heurige Schwerpunktthema.

Wir freuen uns, das mit Judith Kohlenberger (“Wir”) und Muamer Bećirović (“Heimat”) zwei Autor*innen von uns im Gremium vertreten sind.

Das sind die Mitglieder des „Wiener Integrationsrates“:

  • Rainer Bauböck, Professor am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, Obmann der Kommission für Migrations- und Integrationsforschung der Akademie der Wissenschaften
  • Muamer Bećirović, Publizist, Politikwissenschaftler
  • Kenan Güngör, Soziologe, Leiter des Büros [think.difference]
  • Judith Kohlenberger, Migrationsforscherin, Kulturwissenschaftlerin, Autorin
  • Astrid Mattes, Migrationsforscherin, Politik- und Religionswissenschaftlerin
  • Christoph Reinprecht, Professor am Institut für Soziologie der Universität Wien
  • Sieglinde Rosenberger, Professorin Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, Schwerpunkt: Inklusion und Exklusion im Kontext von Migration
  • Heidi Schrodt, Bildungsexpertin, Mitbegründerin der Initiative BildungGrenzenlos
  • Melinda Tamás, Antidiskriminierungsexpertin, Forscherin und Trainerin
  • Gerd Valchars, Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Citizenship und Migration

Weitere Infos: https://www.wien.gv.at/menschen/integration/integrationsrat.html.

Autorin im Interview: Renate Silberer

Hotel Weitblick in einem Satz:
Schwierig, aber letztlich würde ich sagen: Der Mensch ist mehr als sein Beruf.

Wie bist du auf das Hotel Weitblick als Schauplatz gekommen? Was fasziniert dich daran?
Die Idee eine in sich geschlossene Gruppe in einem abgeschiedenen Hotel aufeinandertreffen zu lassen und zu schauen was passiert, wenn der Seminarleiter so ganz anderes ist als erwartet. Das hat mich interessiert.

Wie entwickelst du deine Figuren und welches Verhältnis pflegst du mit ihnen?
Ich habe eine Art Hintergrundtapete zu den Figuren. Was sie antreibt und beschäftigt, was davon nach außen dringt. Ihre Fassaden und ihr inneres Erleben, das ihnen selbst nicht immer zugänglich ist. Damit spiele ich.

Den Protagonist*innen ist ein besonderer Agenturensprech gemeinsam. Wie oder wo hast du diesen recherchiert?
Ganz klassisch, ich habe Interviews geführt.

Wer war Johanna Haarer und warum kommt sie im Buch vor?
Johanna Haarer war die Erziehungsbeauftragte im Dritten Reich. Ihr Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ wurde nach dem Krieg als „Die Mutter und ihr erstes Kind“ weiter aufgelegt und als anerkannter Erziehungsratgeber im deutschsprachigen Raum hunderttausendfach gelesen. Die nationalsozialistische Sicht auf ein Kind als Funktionsträger, das in einer möglichst dysfunktionalen Mutter-Kind-Beziehung aufwachsen soll, unbedingten Gehorsam zu leisten hat und möglichst wenig Raum für eigene Erfahrungen zur Verfügung haben soll, konnte sich unter anderem durch die Bücher von Frau Haarer bis in die 1990er Jahre weiterverbreiten und ist in unserer Gesellschaft leider nach wie vor virulent. Darüber wollte ich schreiben.

2017 sind bei uns deine Erzählungen „Das Wetter hat viele Haare“ erschienen. Wie hat sich dein Schreiben seitdem verändert?
Vielleicht bin ich spielerischer geworden, die Freude am Verknüpfen, Suchen und Finden von Zusammenhängen ist mit der Zeit noch gewachsen.

Hattest du Schreibkrisen? Falls ja, was hast du dann getan?
Oh ja, immer wieder. Ich glaube Schreibkrisen sind Teil des Schreibens. Meistens lese ich dann viel, mache mir Notizen und lass das Gelesene auf mich wirken.

Was liest du gerne? Wer zählt zu deinen literarischen Vorbildern?
Ich lese sehr gern Essays, jetzt gerade von Anna Lowenhaupt Tsing „Der Pilz am Ende der Welt“ und ansonsten lese ich vorwiegend Gedichte, immer wieder Elke Erb, südosteuropäische Lyrik mag ich zurzeit auch besonders gern.

Vielen Dank für das spannende Interview!

Autorin im Interview: Romina Pleschko

Die „Ameisenmonarchie“ in einem Satz:

Drum prüfe, wer sich ewig bindet.

Wie bist du auf den Schauplatz eines großstädtischen Wohnhauses gekommen? Was fasziniert dich daran?

Ich habe einen Hang zum Kammerspiel, die meisten Menschen sind am interessantesten in den eigenen vier Wänden.

Hast du deine Geschichte von einer bestimmten Figur aus entwickelt?

Magdalena war gleich zu Schreibbeginn sehr deutlich konturiert einfach da, ihre Themen haben mich durch den Text gezogen, auch auf andere Figuren ausgestrahlt.

Haben deine Figuren reale oder fiktive Vorbilder?

Sie haben nur homöopathische Anlagen von realen Personen, genauso viel, wie man für überzeugende fiktive Personen braucht.

Eine Figur ist Ehefrau, Mutter und verhinderte Künstlerin. Inwiefern reflektierst du gesellschaftliche Zustände hinsichtlich der Rolle der Frau?

Ich finde die Auswirkungen von diversen Lebensentscheidungen spannend, nicht nur bei Frauen, sondern mehr auf das Altern bezogen. Gerade bei sehr klassischen Entwürfen kommt es im Alter häufig zu einer interessanten Umkehr, einer Machtverschiebung hinein in das Private, in dem die Frau dann schlussendlich die Richtung angibt, während dem Mann die Macht mit Antritt der Pensionierung durch die Finger rinnt.

Komik und Tragik liegen bei dir dicht beieinander. War es schwierig die Balance zu halten?

Nein, das fand ich nicht schwierig, weil sie für mich nicht dicht beieina

nder, sondern übereinander liegen. Es wäre mir eher schwergefallen, Komik und Tragik säuberlich voneinander zu trennen.

Hattest du Schreibkrisen? Und was hast du dann getan?

Bei mir verteilen sich die Krisen gut, jeder Schreibtag wird von einer Mikrokrise eingeläutet. Die muss ich überwinden, mit reinem Zwang, austricksen kann ich mich selbst nicht, nur disziplinieren.

Was liest du gerne? Welche Bücher haben dich zum Lachen gebracht?

Ich lese gerne Bernhard, Nabokov, Berg, Markus Werner. Die bringen mich tatsächlich alle regelmäßig zum Lachen. Z.B. bei “Lolita” habe ich schon auf der ersten Seite sehr gelacht, weil der Protagonist mit nur einem Satz zur Gänze greifbar wird in seinem Irrsinn.

Was macht für dich den perfekten Morgenmantel aus?

Er darf ja keine Federn verlieren oder überhaupt Federn besitzen, die kitzeln oder jucken könnten. Ich fände etwas Schlichtes kimono-artiges gut. Magdalenas Morgenmantel ist jedenfalls ein stoffgewordener Alptraum!

Danke für das Interview, liebe Romina!

 

Paul Lendvai erhält Preis für sein publizistisches Gesamtwerk

Dieses Jahr geht der Bruno-Kreisky-Preis für sein publizistisches Gesamtwerk an unseren Autor Paul Lendvai.

Sein Leben und sein umfassendes Werk stehen für einen europäischen Geist des Humanismus, der Toleranz und der Offenheit.

Wir gratulieren unserem Autor zu seiner besonderen Auszeichnung!

Mehr Informationen zur Auszeichnung finden Sie hier.