Jungautorin im Porträt: Irmgard Fuchs

Meine Mutter wurde von der Deutschlehrerin vorgeladen.

Ich in einem Wort:

wuselig

Ich schreibe seit:

In der Vorschule habe ich
nicht kapiert, dass die einzelnen Buchstaben, die wir einzeln auf Zetteln mit
Bildern von Wörtern mit dem vorgestellten Anfangsbuchstaben bekommen haben, zusammengesetzt
Wörter ergeben. Ich habe mich scheinbar zu einhundert Prozent aufs Ausmalen der
dafür vorgesehenen Freiflächen innerhalb der Buchstabenränder konzentriert (was
wohl schwierig genug war, denn ich habe überhaupt kein Zeichentalent). In der
Hauptschule wurde meine Mutter schließlich von der Deutschlehrerin vorgeladen,
weil ich mich immer in den Aufsätzen so sonderbar ausdrücke und das nicht
normal sein könne. Wenn ich überlege,
wann ich zu schreiben angefangen habe – bewusst wahrscheinlich 2009 –, dann
glaube ich ein bisschen, dass ich womöglich nach wie vor nicht schreibe,
sondern immer noch herauszufinden versuche, was man mit diesen sonderbaren,
schwer auszumalenden Zeichen eigentlich alles machen kann.

Diese SchriftstellerInnen haben mich geprägt:

Das Fundament: Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard und die Radio-Kurzprosatexte
von Grissemann und Stermann. Später: Ich tendiere dazu, zu sagen, dass es in
den letzten Jahren alles Gelesene war (und da dann vor allem aber das, was mir
widerstrebt hat).

Das Schreiben ist für mich…

das Erste, was ich
tue, nachdem ich aufgestanden bin.

Zum Schreiben benötige ich…

leider einen
Computer und Homöopathie.

Der größte Störfaktor beim Schreiben:

ich
selbst, eingebildete und tatsächliche Müdigkeit, Kopfschmerzen, die falsche
Glühbirnenstärke, eine heiße Laptoptastatur, Pollen.

Ich schreibe am liebsten
am/im/in/auf/unter/über/neben (Ort):

Ich schreibe ausschließlich zu Hause (im
Pyjama und unfrisiert).

Und Bücher kaufe ich am liebsten hier:

Überall,
wo ich eigentlich gerade etwas Anderes tun sollte.

Dieses Thema beschäftigt mich aktuell:

Was Freiheit eigentlich sein soll (und privat: wovon lebt man jetzt eigentlich wirklich?).

Mein Tipp für HobbyautorInnen und Nachwuchshoffnungen:

Nie zu kritisch sein, nie zu unkritisch. Pausen einlegen.

Im letzten Jahr habe ich mehr Zeit mit meinen Figuren gelebt, als mit tatsächlichen Menschen.

© www.detailsinn.at

Mein Buch das erste Mal in meinen Händen…

Als
ich mich dem Verlag als Einpackhelferin aufgedrängt habe, um mich an die Idee
vom eigenen Buch gewöhnen zu können. Danach dem Buch die Stadt gezeigt und
damit ins Theater gegangen (es ist im persönlichen Umgang erstaunlich
wortkarg).

Die erste Lesung zu meinem Buch…

ist im September.

So stelle ich mir meine LeserInnen vor…

[bitte Selfie einfügen]

Die schlimmste Phase im Buchentstehungsprozess:

Das angebliche Fertigsein.

Wir
als Verlag wollten Bücher für die Sinne machen, nur das mit dem Geruchssinn war
schwierig umzusetzen. Ließe sich das Buch einparfümieren, wonach sollte es
riechen?

Mein Buch riecht sehr gut, nämlich nach Buch.

Mit welchem/r Protagonisten/in in deinen Erzählungen
leidest du am meisten mit und warum?

Einerseits leide
ich natürlich vollständig mit allen meinen Figuren, weil ja wiederum sie meine
persönlichen Leiden und Befindlichkeiten in stark vergrößerter Form darstellen
und auf ihre ganz eigene Art ausbaden müssen. Aber andererseits ist „Leiden“ so
ein großes Wort, bei dem ich an ganz andere Dinge denke und meine Figuren, wie
ja auch ich, sind im Grunde gut dran, quasi in der Maslow’schen
Bedürfnispyramide schon recht weit oben. Aber ja, ich weiß natürlich, dass es
meine Figuren als richtig empfinden würden, dass ihre natürlich existenziellen
Probleme und Sorgen als so groß wahrgenommen werden, dass man auch gleich
mitleiden kann – oder muss.

Oder anders geantwortet, wirklich mitleiden tue ich mit
keiner meiner Figuren, weil ich weiß, dass sie es schaffen werden, mit sich und
der Welt. Die Enden der Texte kündigen es ja an, jede Figur kriegt auf ihre
ganz eigene Art die Kurve, finde ich. Sie nehmen sich selbst und das Leben in
die Hand. Und ich glaube tatsächlich auch sehr an die Kraft meiner Figuren. Ich
hänge ja auch sehr an ihnen. Immerhin habe ich im letzten Jahr mehr Zeit mit
ihnen gelebt als mit tatsächlichen Menschen.

Wegen der Figur aus „116 Abbildungen meiner selbst,
interstellar“ habe allerdings ich ein wenig gelitten, denn sie hat im Laufe des
Schreibens alles an sich gerissen. In diesen Text wollte ich mich nämlich
eigentlich selbst – sozusagen – hineinschmuggeln, aber die Figur hat das nicht
zugelassen, mir immer die Abbildungen meinerselbst ausgespuckt und am Schluss
tatsächlich den ganzen Text eingenommen.

‘Wir zerschneiden die Schwerkraft’ ist ab dem 17. August 2015 im Buchhandel erhältlich!